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#304 Das fliegende Auge -Michael Ballhaus

©Berlin Verlag
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Das Buch hab ich verschlungen!

 

Das Fliegende Auge - Michael Ballhaus (8/10)

 

Inhalt:

Der 1935 geborene Michael Ballhaus ist einer der erfolgreichsten Vertreter seines Fachs. Er hat den Mythos Fassbinder wesentlich mitgeprägt und es auch in den USA zu höchster Anerkennung gebracht. Mit Tykwer und Ballhaus sind sich zwei geistesverwandte Künstler verschiedener Generationen begegnet und nahe gekommen. Über fünfzig Stunden lang haben sie über die Karriere von Michael Ballhaus und seine Filme diskutiert, ein detailreiches Gespräch, das gleichzeitig den großen Bogen schlägt von 1954 und dem prägenden Besuch der Dreharbeiten zu Max Ophüls Meisterwerk Lola Montez bis hin zu Martin Scorseses Meisterwerken. 

 

Michael Ballhaus war ein genialer Kameramann, ich denke da sind sich alle Filmfreunde einig. Vor allem mit Scorsese, aber auch mit Nichols oder Fassbinder hat er Filmgeschichte geschrieben. Der Mann war ein Künstler und hat wunderschöne Bilder geschaffen und seine Kamerafahrten waren legendär.

Wie er diese Bilder geschaffen hat, wie er mit den Regisseuren gearbeitet hat wird hier schön rausgearbeitet. Das immer in der unheimlich kurzweiligen Interviewform die ungemein flüssig zu lesen ist. Dabei erfährt man auch vieles über die Regisseure mit denen er gearbeitet hat und deren Eigenarten, auch über ein paar Stars hört man interessante Geschichten, z.B. über John Travolta oder Joe Pesci, der wohl auch im realen Leben nahe an der Mafia war und Leuten Angst eingejagt hat. Das aber alles ohne Häme oder eine große Wertung, da merkt man das Ballhaus ein echter Gentleman war.

Was mich etwas gestört hat ist das Tykwer das ein oder andere mal sich etwas in den Mittelpunkt stellt und meint seine Meinungen zu Filmen von anderen Regisseuren abzugeben. Seine Leistungen und Filme in aller Ehre, aber hier geht es um Ballhaus und das er Redford keine großen Filme vorwirft, naja.
Das er Sleepers mit typisch "deutscher" Brille sehen muss, stößt etwas bitter auf, da ist Ballhaus doch viel besser in der Lage mal eine amerikanische Position einzunehmen.

 

Aufgrund auch der Länge der Zusammenarbeiten sind vor allem die Beziehungen mit Fassbinder und Scorsese im Mittelpunkt. Durch die Erweiterte Auflage ist auch nun Departed mit an Bord (in der ersten Auflage war Gangs of New York das Ende) und damit wird die ganze Karriere beleuchtet.

Auch der ein oder andere Kameramann oder einfach technisch interessierte wird sein Gefallen am Buch und den Erklärungen von Ballhaus finden, da er auch in die handwerklichen Details eingeht. Diese werden aber versucht, so gut wie möglich, auch für Nicht-Experten verständlich zu machen.

Das Buch hätte ruhig etwas länger sein dürfen und auch etwas intensiver auf einzelne Filmprojekte und Kollaborateure eingehen können. Auch seine Lehrtätigkeit wird zwar angerissen, aber da hätte man etwas mehr draus machen können.

Mit einem anderen Stichwortgeber als Tykwer und etwas mehr Tiefgang wäre hier sogar noch mehr möglich gewesen, aber das ist trotzdem ein sehr unterhaltsames und gutes Buch geworden.

 

Fazit: Buch ist ratzfatz gelesen. Die Interviewform gefällt mir total, nur Tykwer hätte sich etwas zurücknehmen sollen. Ballhaus bietet interessante Einblicke, nicht nur zu sich selbst, aber auch zu Scorsese und anderen Filmschaffenden und zur Kamerakunst an sich.