Andreas Wisniewski hat eine beeindruckende, wenn auch merkwürdige Karriere.

Er hat in großen Franchises mitgespielt und sogar in vllt. dem (für viele) besten Actionfilm aller Zeiten. Er tauchte aber auch Jahre lang nicht wirklich auf und ist der breiten Öffentlichkeit nicht wirklich ein Begriff.

Dabei ist er ein deutscher Bond-Bösewicht und trotzdem taucht sein Name selten in einem Satz mit Gert Fröbe, Curd Jürgens oder selbst Götz Otto auf.

Andreas war unglaublich nett und zuvorkommend und hat sich schneller Zeit für meine Fragen genommen als ich dachte.

Ein wirklich interessanter Mann, manchmal einsilbig, vielleicht etwas eigenwillig, aber auch ein Mann klarer Worte.

Mir bleibt nur, Danke zu sagen für ein wirklich interessantes Interview!

Du bist ja in Deutschland, in Westberlin geboren. Welche Filme, Serien oder Shows haben dich in deiner Jugend fasziniert?

Da faellt mir zuallererst “Raumpatrouille” ein.

Ist auch heute noch verdammt gute Science Fiction!

Wie bist zum Tanz, zum Ballet gekommen?

Meine Schwester fing damit an. Als sie mir zeigte, was da geschah, fand ich (im zarten Alter von 7), ich koenne es besser und ging mit.

Wie wurdest du für das Musikvideo von Elton Johns Nikita gecastet? Hast du dafür aktiv dich beworben oder wurdest du entdeckt?

Ich lernte Ken Russell auf einer Party kennen, und er bot mir den Part auf der Stelle an. So ist das eben: zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Daraufhin spieltest du in Gothic deine erste Filmrolle unter Ken Russell. Der Film ist den meisten vielleicht kein Begriff, kannst du deine Rolle, den Film und das Erlebnis an sich für uns beschreiben?

Wochenlang herumsitzen...

Allerdings habe ich das beste daraus gemacht, die Augen offen gehalten und alle Techniker ausgequetscht und verdammt viel gelernt!

Danach erreichtest du etwas wovon viele Leute träumen und was dich auch aufgrund der Bekanntheit der Reihe zu einem Bestandteil der Popkultur werden lies: du übernahmst die Rolle des Killer Necros in der Hauch des Todes. Zuerst, warst du zuvor schon Bondfan?
Ich bin eher nicht der “Fan”-Typ. Mit anderen Worten, ich bin nicht wirklich Fan von irgendetwas.

 Ich denke immer, dass es noch andere Dinge gibt, die sehenswert, hoerenswert usw. sind, als dass ich meine Wertschaetzung konzentrieren will. Aber ich habe jeden Bond gesehen, der herauskam!

Wie kamst du an die Rolle, musstest du vorsprechen oder wurdest du ausgewählt?
Treffen, Vorsprechen und Test. (Aber auf jeden Fall auch am richtigen Ort zur richtigen Zeit!)

Die Bond Dreharbeiten werden immer als sehr familiär bezeichnet, schließlich arbeiteten viele Mitarbeiter bereits jahrelang an Bond Sets mit. Machte es das für dich einfacher?
Sicher. Die Atmospaere war einfach entspannt. Das heisst keineswegs, dass nicht alle herangeklotzt haetten (denn beim Film ist Zeit Geld). Aber es gab einfach keinen Druck fuer ein Greenhorn, denn alle haben mir geholfen. Es war wie eine Familie.

Es wird ja kolportiert das John Glen eher an der Action oder an der technischen Durchführung interessiert war als an den Schauspielern, kannst du das bestätigen?
Das waere nicht ungewoehnlich. Es gibt eben immer Regisseure, die sich lieber auf die technischen Aspekte konzentrieren wollen. In der Regel steht in Action-Filmen das Spielen hinter der “Action” zurueck. Ob das auf John Glen zutrifft, kann ich nicht wirklich sagen. Darueber kann auch jeder selbst sein Urteil faellen, denn es gibt ja das Corpus Delicti.

Timothy Dalton übernahm damals die Bondrolle von Roger Moore und auch die Ausrichtung des Franchise wurde geändert, spürtest du eine gewisse Anspannung am Set, einen gewissen Erfolgsdruck?

Das war eher Aufregung im besten Sinn. Ich war sehr froh, dass ein toller Schauspieler die Rolle uebernahm.

Hast du eine Lieblingsszene aus dem Film?

Nein. Ich hatte eine Lieblingsszene im Drehbuch, aber die wurde nie gedreht. Da sollte sich Necros als afghanischer Arzt zeigen...
In der Hoffnung, John doch noch davon zu ueberzeugen, kam ich auf ein Fest (die gabe es damals noch waehrend des Drehs!) im afghanischen Gewand und Maske. Hatte sogar eine verdammt gute Hakennase. Zwar hat mich NIEMAND erkannt, aber die Szene blieb herausgeflogen...

Mit deinem Kollegen (und Niederländer) Jeroen Krabbe hast du ein paar tolle Szenen. Er hat bereits einiges an Erfahrung und ist übrigens ein wie ich finde toller Schauspieler. Konnte er dir bei der Arbeit am Film helfen oder war jeder eher für sich?
Da war niemand fuer sich. Wir haben das alle zusammen gemacht. Jeroen habe ich zu schaetzen gelernt.

Findest du dass dir die Rolle geholfen oder eher geschadet hat? Die Frage kommt natürlich nicht von ungefähr. Bond kann ein Sprungbrett sein, aber auch eine Sackgasse, wie empfindest du das?
Ein Sprungbrett fuer mich war weder Bond noch sonst irgendeine Rolle. Mir schien es, als wuerde ich immer wieder von vorne anfangen. Aber ein Hindernis war es auch nicht. Immerhin habe ich viele Rollen gegen meinen Typ gespielt (auch wenn die nicht ein so grosses Profil wie Bond oder “Die Hard” hatten).

Auf welche Rolle wirst du eigentlich häufiger angesprochen, die in Stirb Langsam oder in der Hauch des Todes?
Ich habe da leider keine Statistiken. Vergiss auch nicht, wie lange das her ist. Dieser Tage passiert es eher selten, besonders in Deutschland.

Den mit Stirb Langsam spieltest du auch, in einem für viele besten Action Film aller Zeiten mit. Wurdest du aufgrund von der Hauch des Todes dafür engagiert oder lief das vollkommen unabhängig voneinander ab?
Wie gesagt, ich bekam keinen Bonus fuer Bond.

Du bist zwar eine recht kurze Zeit im Film zu sehen, aber dein Kampf mit Bruce Willis und dein Ableben inklusive Erscheinen im Fahrstuhl hinterlässt Eindruck. Wie war die Zusammenarbeit mit Bruce Willis und John McTiernan?
Total professionell. Bruce war eigentlich ziemlich freundlich, besonders, wenn man beruecksichtigt, dass ich seinen Kopf sicher 20 Mal in die Riegipswand gerammt habe...

Überrascht es dich eigentlich dass sich der Film zu einem waschechten Weihnachtsklassiker entwickelt hat?
Allerdings.

Der großartige Alan Rickman hat mit seiner Darstellung des Hans Gruber, Bösewichte Geschichte geschrieben. Hast du ihm am Set bei der Arbeit beobachten können und was hast du vielleicht von ihm gelernt?
Klar habe ich ihn beobachtet. Und mehr gelernt von ihm, als ich hier sagen koennte. Wir freundeten uns an und sahen uns immer mal wieder in dem Vierteljahrhundert seit “Die Hard”.

Ich sah ihn noch zwei Wochen vor seinem Tod in London, als ich ihn zufaellig in Covent Garden traf. Seine (unvergesslichen) letzten Worte zu mir in seiner unverwechselbaren Stimme waren: “See you again!”

Da irrte er allerdings.

Traurig.

Danach hast du außer ein paar kleineren Rollen im TV oder in Filmen nicht mehr in vielen Produktionen mitgespielt, woran lag das? Warst du im Nachgang zu wählerisch? Bist du im Nachgang traurig ein Angebot nicht angenommen zu haben?
Im Jahre 1993 zog ich mit meiner Familie zurueck nach London. Im folgenden Jahr starb meine Tochter und damit auch mein Ehrgeiz.

1994 hast du aber in einem inzwischen kleinen Kultfilm mitgearbeitet. Death Machine von Stephen Norrington (der auch Blade 1 inszeniert hat). Was blieb dir von den Dreharbeiten in Erinnerung?
Wir hatten Spass. Steve hat den Schauspielern sehr freie Hand gelassen. Sieht man auch im Film. Was Brad Dourif abzieht, ist schon recht wild.
Darueberhinaus war ich beeindruckt, wie Steve geschuftet hat. Der war sich keineswegs zu fein,  Kabel zu ziehen.

Eine fiese Frage, aber was bevorzugst du: die Bond Filme oder die Mission Impossible Filme?
Keinen wirklichen Vorzug. Ich schaetze einfach an beiden verschiedene Aspekte. 

Die Frage kommt natürlich auch nicht von ungefähr, du hast im (für mich immer noch besten) ersten Mission Impossible mit der großartigen Vanessa Redgreave gespielt. Was war das für eine Erfahrung?
Vanessa ist fabelhaft. Ich erinnere mich daran, dass wir am heissesten Tag aller Zeiten im Pinewood Studio am Set sassen und Sozialismus diskutierten.

 
Du hast ganze 15 Jahre später deine Rolle aus dem ersten Mission Impossible Filme wieder aufleben lassen dürfen, wie kam es dazu und wie hat sich die Reihe und auch Tom Cruise in dieser Zeit verändert?
Facebook!

Tom erzaehlte mir, dass die Idee, mich wiederzuholen von ihm stammte, um “Ghost Protocol” an den ersten anzubinden.  Die Produktion hatte Probleme, mich zu finden, aber schliesslich wurde sie auf Facebook fuendig. Drei Tage spaeter sass ich im Flugzeug nach Dubai!

Tom hatte sich erstaunlich wenig veraendert. Allerdings wuerde ich sagen, dass es beim ersten  Dreh ueber Hoeflichkeit nicht hinweg ging, er in dann Dubai sehr verbindlich war. Wir unterhielten uns ueber Filmemachen und unsere Kinder!

Ende der 90er bis Mitte der 200er Jahre hast du immer wieder zwischen internationalen Produktionen und deutschen Fernsehserien gependelt. Hättest du gerne noch mehr in Deutschland gemacht?
Lokalitaet ist mir vollkommen zweitrangig. Ausser natuerlich, wenn der potentielle Drehort die Seychellen sind...

Qualitaet ist mir wichtiger. Davon gibt es aber vielleicht weniger in Deutschland als im Vereinigten Koenigrech oder Tinseltown.

 
Warum meinst du bist du in Deutschland nicht so bekannt? Wenn es um deutsche Bond Bösewichte geht, dann wird zuerst immer Gert Fröbe genannt, aber selbst der Name von Gört Otto fällt im Mainstream (jetzt vielleicht nicht unter Bond Fans) häufiger.

Da fragst Du mich?

Ich habe in einem Interview mit dir gelesen, dass die Rolle des Klaus Jacobi in Im Namen des Gesetzes für dich eine ganz tolle Erfahrung war, warum?
Die Rolle war ganz anders als alles, das ich zuvor gespielt hatte.

Wie würdest du dich als Schauspieler beschreiben? Wie bereitest du dich auf eine Rolle vor und was suchst du in einer Rolle?
Ich denke gar nicht daran,  mich zu beschreiben.

Vorbereitung ist jedes Mal anders. Verschiedene Rollen verlangen verschiedene Vorgehensweisen. Manchmal hat man nur ein Kostuem. Aber daraus kann die ganze Rolle erwachsen. Wenn ich eine Ritteruestung tragen muss, dann ergebt sich daraus auf jeden Fall ein gewisser Gang und gewisse Gestiken. Damit ist die Tuer zur Rolle geoeffnet.

Suchen? Neh. Wenn ich etwas Bestimmtes suche, bin ich womoeglich blind gegenueber anderen Dingen, die mir nicht von allein in den Sinn kommen.

Finden schon eher. Dazu muss man einfach nur offen sein.

2008 sah man dich plötzlich in Scorpion King –Aufstieg eines Kriegers von Russel Mulcahy (Regisseur des ersten Highlanders) wie kam es dazu und wie würdest du die Erfahrung beschreiben.

Wie es dazu kam? Who knows? Jemand hatte eine Idee und rief meinen Agenten an. Mehr faellt mir dazu leider nicht ein.

Aber auf jeden Fall hatte ich eine fabelhafte Zeit in Kapstadt. Drei Wochen im amerikanischen Luxus in einem Penthouse direkt ueber dem Hafen!

Und ich konnte einfach gut mit Russell arbeiten. Und die letzte Woche war frei! Ich habe ausgiebigen Gebrauch von meinem Fahrer gemacht!

2010 spieltest du in Centurion von Neil Marshall den Commandar Gratus neben Michael Fassbender gespielt. Habt ihr euch abseits der Kameras auch auf deutsch unterhalten? Die Dreharbeiten wurden als recht beschrieben, hast du das auch so empfunden?

Da ich auch zu Hause seit Jahrzehnten Deutsch und Englisch spreche, bin ich mir oft nicht bewusst, welche Sprache ich spreche. Es kommt auch vor, dass ich die falsche benutze, und dann bemerke ich es meist am Gesichtsausdruck meines Gegenueber...

Leider kann ich auch zu den Dreharbeiten nicht viel sagen, denn ich hatte nur einen einzigen Drehtag. Ich erinnere mich allerdings an ein Gespraech mit dem Regisseur Neill Marshall. Der hat mich geholt, weil er Die-Hard-Fan war!

Instrument of War. Kannst du uns etwas über deine Rolle in dem Film und den Film allgemein erzählen?

Eine sehr schoene Erfahrung. Eine Produktionsfirma aus Utah, entzueckende Leute (sowohl die Amerikaner als auch die Litauer als auch die britischen und deutschen Schaupieler), ein Kriegsfilm, der gegen die ueblichen Cliches geht.

Die (wahre) Geschichte handelt von einem amerikanischen Kriegegefangenen in einem Stalag, der im Lager eine Violine baut!
Uebertraf alle Erwartungen.

Welche Projekte können wir in der nächsten Zeit noch mit und von dir erwarten? Gibt es ein Genre oder eine Rolle die du gerne spielen oder ausprobieren würdest?

Ich wollte immer mal einen Vampir spielen.

Hah! Im letzten Jahrhundert war ich sogar mal im Rennen fuer Ann Rice's “Diary of a Vampire”. Das war, als es noch so aussah, als wuerde ich eine Karriere im Film haben...

Projekte? Im Moment keine VOR der Kamera, aber mehrere Projekte, die ich selbst machen will.

Ein Dok ueber den italienischen Cellisten Giovanni Sollima, den tollsten Musiker, der mir je ueber den Weg gelaufen ist.

Mein Hauptprojekt ist ein Zen-Film, einen experientiellen Film! Ein ganz neues Genre.

Alles nur Fragen des Geldes...

Danke für dieses ausgiebige Interview Andreas!

Gern.