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#656 Die purpurnen Flüsse

©TOBIS
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Toller Thriller!

Die purpurnen Flüsse (8/10)

Story:

Inspektor Pierre Niemans (Jean Reno) und Kommissar Max Kerkerian (Vincent Cassel) untersuchen an zwei verschiedenen Orten unterschiedliche Verbrechen, die auf geheimnsivolle Weise miteinander verknüpft sind. Während Kerkerian eine Grabschändung mit scheinbar neonazistischem Hintergrund in Sarzac untersucht, wird Niemans aus Paris in die abgelegene Universitädtsstadt Guernon in den Alpen gerufen. Dort ereignete sich ein bizarrer Mord, bei dem das Opfer grausam gefoltert und verstümmelt wurde. Es bleibt nicht bei einer einzigen Leiche, und alle Opfer sind Mitarbeiter des Lehrinstituts in Guernon. Schon bald kreuzen sich die Fäden der Ermittlungen.

 

Die Purpurnen Flüsse habe ich mit 16 im Kino gesehen und der Film hatte damals richtig Eindruck bei mir hinterlassen.  Ich hab ihn mir ziemlich zügig auf VHS! gekauft und immer wieder angesehen. Ich liebte (und liebe immer noch) die Atmosphäre die in diesem Film geschaffen wurde.

Ich war damals auch kein großer Kenner oder Freund des französischen Kinos, aber ich mochte Reno durch Filme wie Leon der Profi oder Ronin und der Trailer hatte mich sehr angesprochen. Schlussendlich wurde ich auch nicht enttäuscht, ein toller Film.

Da ich den Roman nicht kenne kann ich keine Aussage dazu treffen wie gut der Film die Vorlage eingefangen hat oder inwieweit der Film vom Buch abweicht.

 

Die Story ist auf jeden Fall spannend und es wird nicht einmal alles erklärt, vor allem in den letzten 20 Minuten muss man sich manche Dinge zusammenbauen die nicht klar kommuniziert und erklärt werden (es gibt gegen Ende eine Szene zwischen Reno und Cassel im Auto wo Reno einige Lücken schließt, aber nicht alle).

 

Mehr oder minder deutlich streift das Drehbuch Themen wie Sadismus, Nazismus und genetischer Experimente. Das gibt dem Skript und schlussendlich dem Film seine dunklen Töne.

 

Der Film ist gut strukturiert. Die Kommissare ermitteln zu Beginn in scheinbar unterschiedlichen Fällen und treffen erst in der Mitte des Films aufeinander. Keiner dieser Akte fühlt sich jedoch minderwertig oder langweilig an. Die Darsteller und die Geschichten sind spannend genug das man gespannt darauf wartet wie das ganze zusammenkommt. 

Übrigens stößt sich der eine oder andere an der Kampfszene zwischen Vincent Cassel und den Skinheads. Ja in anderen Filmen würde ich das super deplatziert finden, hier ist das einfach geil. Es passt auch einfach zu Cassels Darstellung, sein Kommissar ist hitzköpfig und dem ist sowas zuzutrauen. Durch die Inszenierung und der Musik macht das richtig Laune. Übrigens brach sich Cassel bei dieser Szene seine Nase.


Die Landschaftsaufnahmen sind grandios und die Natur ist wie ein eigener Charakter im Film. Das Licht und das Helle der Gletscher, des Schnees und des Eis stehen in einem starken Kontrast zur Universität und der Dunkelheit im Dorf. Kassovitz spielt mit diesem Kontrast sehr stark. Auch wurde eine Leiche wohl noch nie (also für mich) so schön eingefangen wie im Intro des Films. 

Kassovitz ist ein bekannter französischer Schauspieler, aber gleichzeitig auch ein erfolgreichen und profilierter Filmemacher, der auch international und in Amerika sich seine Sporen verdient hat (Gothika mit Halle Berry oder Babylon A.D. mit Vin Diesel als Beispiele).

Für seine Hauptrollen hat er tolle Darsteller gefunden. Jean Reno und Vincent Cassel (mit dem Kassovitz schon bei Hass zusammenarbeitete) sind ein tolles Duo. Reno trägt den Film ohne Schwierigkeiten auf seinen Schultern. Er bringt seiner Rolle eine leicht verschrobene Art und eine gewisse Coolness bei und spielt den "legendären" Kommissar total überzeugend und einnehmend. Auf der anderen Seite steht ein noch recht junger Cassell der den jungen und unorthodoxen Kommissar mit Leichtigkeit gibt.

 

In den gemeinsamen Szenen entwickelt sich eine tolle Chemie, die Schüler-Meister Beziehung stemmen die beiden mit Leichtigkeit und einer ordentlichen Portion Humor. In den Dialogen liegt eine Würze und es ist eine Freude den beiden bei ihrem Zusammenspiel zuzusehen. Außerdem sind diese leichteren Szenen ein schöner Gegensatz zu den dunklen Motiven des Skripts. Wie bei den Landschaftsaufnahmen spielt hier Kassovitz gekonnt mit Stimmungen und Kontrasten. Er liefert hier einen handwerklich richtig feinen Thriller ab.

 

Auch die Nebenrollen sind gut besetzt, mit einigen bekannten französischen Darstellern. Die Entdeckung des Films ist für mich Nadia Fares. Sie ist bildhübsch und gleichzeitig mysteriös, tough und verletzlich, Eine tolle und überzeugende Mischung.


Schlussendlich ist das für mich ein fast perfekter Thriller, bis aufs Ende. Der Abschluss, die letzten 15-20 min sind dann doch etwas zu abrupt (ich beziehe mich hier noch einmal auf die Sequenz im Auto wo in Kurzform einige Wissenslücken geschlossen werden) und vor allem ist die Auflösung dann auch etwas uninspiriert. Ich kann nicht einmal genau sagen wie ich mir das perfekte Ende vorgestellt hätte, aber der Film hätte etwas mehr verdient gehabt, weil die anderen 3/4 für mich Weltklasse sind.

Eine Fortsetzung entstand 4 Jahre später, baut jedoch nicht auf dem Vorgänger auf und hat als einzige Verbindung Jean Reno. Der Film ist gut, kann aber nicht an die Klasse des ersten Films anknüpfen.

 

Fazit: Ein toller Thriller der mich damals im Kino richtig gepackt hat. Tolle Darsteller, gute Dialoge, eine grandiose Atmosphäre und schöne Aufnahmen. Bis auf das leicht enttäuschende Ende eine richtig runde Geschichte!