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#721 Runaway Train -Express in die Hölle

© Alive-Vertrieb und Marketing/DVD
© Alive-Vertrieb und Marketing/DVD

Ein extrem unterschätzter Klassiker!

 

Runaway Train (9/10)

 

Story:

Den Häftlingen Oscar „Manny“ Manheim (Jon Voight) und Buck McGeehy (Eric Roberts) gelingt der Ausbruch aus einem Hochsicherheitsgefängnis im tief verschneiten Alaska. Auf ihrer halsbrecherischen Flucht vor dem sadistischen Gefängnisdirektor retten sie sich in einen leeren Zug, der sie in die Freiheit bringen soll. Doch die Fahrt gerät außer Kontrolle, als der Lokführer an einem Herzinfarkt stirbt. Das tonnenschwere Ungetüm aus Stahl und Eisen rast nun führerlos mit mehr als 160 Kilometern pro Stunde einer ungewissen Katastrophe entgegen – und mit ihm die beiden geflohenen Verbrecher, die nun ums nackte Überleben kämpfen müssen.

 

Was für ein verdammtes Brett. Nachdem ich mir den Film vor kurzem wieder angesehen habe muss ich sagen, der Film ist einfach richtig, richtig gut. Das ist ein echtes Actionbrett, mit unglaublich guten schauspielerischen Leistungen, einer einfachen, aber grandios umgesetzten Story und toller Inszenierung. 

Leider kennen diesen Film viel zu wenig Leute. Wäre das keine Cannon Produktion, dann wäre dieser Film viel bekannter und würde wahrscheinlich als ganz großer Klassiker angesehen werden und wäre immer noch in aller Munde. So ist der Film leider (für das breite Publikum) ein Geheimtipp!

 

Der Film hat eine interessante Entstehungsgeschichte, das Original Drehbuch wurde geschrieben von niemand anderen als Akira Kurosawa (der sich dabei von einer wahren Geschichte inspierieren lies). Dieser wollte ursprünglich auch Regie führen, aber das Projekt kam mehrere Jahre nicht auf die Beine und schlussendlich landete es über Umwege schließlich bei Cannon und Andrey Kochalovskiy.

Dieser war vor allem (bis dahin) durch seine Arbeiten in Russland bekannt und eher für Dramen und das passt so perfekt zu Runaway Express. Klar gibt es hier Action und Spannung, aber er fokussiert sich so auf die Charakte und das macht den Film so besonders, den die Figuren sind so grandios vielschichtig.

 

Fangen wir mal mit den Nebenfiguren an und arbeiten uns dann zu den absoluten Highlights. Die Mannen in der Zugzentrale machen ihre Sachen zwar gut, aber sind absolut mich am Rande. Rebecca DeMornay passt zwar sehr gut zu ihrer Rolle geht aber etwas neben Roberts und Voight unter. John P. Ryan als Gefägnischef ist dann schon wieder auf einem anderen Level.

Der hat in so vielen Cannon Klassikern seine Spuren hinterlassen (Death Wish 4, Avenging Force, Delta Force 2) und hinterlässt mit Warden Ranken eine weitere ikonische Gestalt. Er schafft es sogar mit Voight auf Augenhöhe zu agieren und seine Szene auf der Toilette ist grandios. Ich mag das leicht verrückte in Ryans Spiel.

 

Aber kommen wir nun zu den zwei grandiosen Hauptdarstellern die auch beide (vollkommen verdient) für den Oscar nominiert wurden und ihn auch beide verdient hätte: Eric Roberts und Jon Voight.

Ich sage sogar, wäre das keine Cannon Produktion (was damals immer mit einem gewissen Naserümpfen begleitet wurde) dann hätten die beiden einen Oscar gewonnen. Das sind wirklich grandiose Leistungen.

Eric Roberts war mitte der 80er einer der nächsten großen Stars in Hollywood. Ein paar Rollenentscheidungen und vor allem private Probleme führten dazu das sein Stern zu sinken begann, inzwischen hat er unglaublich mehr als 700 Einträge in imdb und er ist zum Vielfilmer geworden. Trotzdem es sollte ihn keiner unterschätzen, der Mann ist ein toller Schauspieler.

Hier spielt er den etwas unterbelichteten Buck so authentisch, das man ihn trotzdem irgendwie gern hat, er schaut zu Manny auf oder das dise Wertschätzung/Liebe auch nur ansatzweise erwidert wird. Es gibt eine Szene in der beide sich konfrontieren und man erkennt alles in den Augen von Buck (diese Traurigkeit, diese Leere, er versteht sein Vorbild interessiert sich nicht für ihn) und Manny (was habe ich getan). Das ist ganz großes Schauspielkino.

Was soll man zu Jon Voight sagen, er hatte schon einen Oscar,  hatte schon einige große Filme gedreht, aber vielleicht war er nie besser als hier! Eine untypische Rolle für ihn, aber wie er in ihr aufgeht, wie eine Naturgewalt. Sein Manny ist nah an einem Tier, unzähmbar, fern jeder normalen Konvention, der von seinen Instinkten getrieben ist und sich nach Freiheit sehnt und dafür alles tut und über jede Leiche gehen würde. Buck ist hier Mittel zum Zweck für ihn und manchmal Klotz am Bein.

Sie landen dann auf dem führerlosen Zug und die Spannung wird extrem angezogen. Am Ende entwicket es sich etwas zu einem Kampf: Mensch gegen Maschine. Oder doch nicht?

Der Zug wirkt wie ein eigener Charakter, hat etwas von einem Tier, einem unaufhaltsamen Biest. Am Ende verschmelzen Manny und der Zug miteinander, beide rasen unwillkürlich in den Abgrund, es gibt für sie keine Umkehr mehr. Dabei nimmt Manny den Warden Ranken mit. Durch Ranken wirkt Manny schon wieder wie ein Good Guy, toll wie der Film hier eigentlich keinen Sympathieträger spendiert.

Die Szenen im Zug oder am Zug sind grandios, die Kälte kriechte quasi ins Wohnzimmer wenn man den Film schaut, der Film ist keine Sekunde langweilig, sei es durch die Spannung oder durch die Dialoge der Charaktere. Vor allem bei Manny hat man immer das Gefühl das kann sofort kippen.

Sound, Sets, Look, Kameraarbeit, Schnitt (auch für den Oscar nominiert), Regie und vor allem die Darstellerleistungen machen das Ganze zu einem wirklich richtig guten Film, einem der unterschätztesten Filme der 80er, den man als Filmfan (nicht Cannon, nicht Action) gesehen haben sollte. Ein Ereignis.

Alle Filmbeteiligten hatten (bis auf Konchalovskiy) ansonten nicht viele Begegnungen mit Cannon und haben generell für die Dreharbeiten um Cannon nur gutes zu berichten. Was mal eine schöne Ausnahme darstellt, da Cannon ja sonst gerne durch den Kakao geszogen wird. Sie meinen zwar kritisch an das Cannon nicht wirklich wusste wie sie den Film vermarkten sollen und keine Erfahrung mit sowas hatten, was aus meiner Sicht aber berechtigte und vollkommen saubere Kritik ist.

 

Mit diesem Film begann übrigens die Karriere von Danny Trejo, der kam eher über Zufälle zum Set, sollte dort dann den Boxtrainer für Roberts geben, was er auch tat, wurde dann aber wegen seinem Look auch für den Film verpflichtet und durfte den Boxgegner von Roberts geben.

 

Andrey Kochalovskiy hat zwei Filme gedreht für die ich ihn liebe, den hier vorliegenden Runaway Train, aber auch für einen meiner all Time Lieblingsfilme: Tango&Cash. Auch wenn er bei dieser Produktion irgendwann gefeuert wurde und die Kontrolle verlor und dieser Film irgendwie einen Knick in seiner Karriere darstellte, trotzdem ich liebe den Film abgrundtief.


Fazit: Der objektiv beste Film von Cannon und ein unterschätzter Klassiker. Ein extrem spannender und unfassbar intensiver und ehrlicher Film, ein rasentes Stück Action Kino was aber vor allem geniale schauspielerische Leistungen bieter. Robert und Voight spielen wirklich grandios. Den Film sollten deutlich mehr Leute gesehen haben!  

Fun Fact:

Eine Zeitlang war Robert Duvall als Manny im Gespräch, nachdem dieser absagte war tatsächlich niemand anderes als Sylvester Stallone an dieser Rolle interessiert und er war es der Edward Bunker als zusätzlichen Drehbuchschreiber an Board brachte. Dieser gab vor allem den Gefägnisszenen und den Dialogen der Knackis einen authentischeres Gefühl, schließlich saß er selber im Knast.

Sein Einsatz sollte sich auszahlen, schließlich wirkt der Film sehr realistisch und später wurde er sogar als Polizeichef! in Tango&Cash besetzt und wurde durch seine Rolle in Reservoir Dogs so richtig bekannt.